Das DUON Zertifikat
Liebe Lieblingsleser,
heute haben wir eine besondere Praline im Programm. Aus unserer beliebten Serie „Tools, auf die Du gewartet hast!“ stellen wir vor: das DUON-Zertifikat.
Wer kennt das nicht? Am Nachmittag ist Druckdatenabgabe der neuen Anzeigendaten (wahlweise auch des Kundenmagazins oder des Veranstaltungsplakats). Schnell werden noch die Sponsorenlogos gecheckt. Letzte Rechtschreibfehler sind zu korrigieren. Dann zippen, auf den FTP-Server hochladen und … ans nächste Projekt.
War da noch was? Ach so: Format, Beschnittzugabe, Farbmodus müssen überprüft sein. Die Auflösung und der Farbauftrag wollen beeinflusst werden, die Daten sind idealerweise für die korrekte Ausgabe profiliert. Und wenn noch eine Veredelung dazukommt, dann legen wir diese in Cyan oder Magenta als Vollton an und benennen die Farbe um in bspw. „Goldfolie“.
Aber jetzt kommt’s: für diese Tätigkeit gibt es ein Zertifikat! Man kann sich als Agentur bescheinigen lassen, dass man in der Lage ist, druckfähige Daten zu erstellen. Und es soll sogar Unternehmen geben, die dieses Zertifikat zur Voraussetzung für eine Zusammenarbeit machen.
Ich habe echt lange gelacht, aber sorry, Leute, da hört es langsam auf, spaßig zu sein. Die Entwicklung geht ja schon länger so: Anfang der Neunziger verschwanden die Schriftsetzer, weil mit Desktop Publishing jeder plötzlich layouten und Druckvorlagen anlegen konnte. Ab etwa 2010 wurden die Medienproduktioner wegrationalisiert, weil Agenturen ihre Tätigkeiten den Grafikern überhalfen und so einen Man in the Middle ausschalteten. Die andere Hälfte der Arbeit übernahmen dann die Druckereien, die sich angeblich selber kontrollieren können und für hervorragende Qualität in den eigenen Reihen sorgen sollten. Ungefähr so glaubwürdig wie Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen konnte. Zuletzt hatten wir kollektiv über Canva gelacht. Gestaltung für Leute, die von Design keine Ahnung haben. Da wurden also die Designer zur Seite geschoben, weil das doch von der Sachbearbeiterin sicher auch selber gemacht werden kann. Das spart auch Kosten! 😊
Die neueste Stilblüte auf dieser Wildblumenwiese der Rationalisierung scheint mir nun das DUON-Zertifikat zu sein. Mithilfe dieses Zertifikats kann man nun eine Selbstverständlichkeit beweisen: nämlich die Fähigkeit, druckbare Daten anzulegen. Das habe ich meinen Studenten schon 2011 an der btk gezeigt. Und ich selber hab das schon 1996 mit den Gestalten draufgehabt.
Aber hej: selbst wenn man eine arbeitsamtfinanzierte Umschulung vom Fliesenleger zum Mediengestalter macht, dann lernt man das. Das ist das Mindeste. Meine Frage also: Wozu braucht die Welt dieses Zertifikat?